Wortbeiträger

„Es ist Dezember, es ist bald Weihnachten und es ist Tiiiieeh-Shöööört-Wetteeeer! Das Thermometer kletter mollie-wollie-gibbonmäßig, und zwar rauf, Leute, rauf. Die Mücken proben den Stechschritt und die Deosticks sitzen locker.“
Eine Ente auf Extasy.
Etwas Anderes kann schwerlich für diesen Schnatterschwall verantwortlich sein, den das Radio da freilässt. Es sei denn, es handelt es sich um eine Aufzeichnung, die in doppelter Geschwindigkeit durchrattert.
Nein, es ist live, denn eine zweite Stimme, männlich diesmal, verkündet begeistert die Uhrzeit, „präsentiert vom Autohaus Rührflex“. Neunuhrzehn ist es nämlich, und das engagierte Autohaus bietet seinen Kunden heute den blitzschnellen Tausch von Winterreifen in Premium-Allwetterreifen.
„Das rockt“, blökt das Radiomännchen noch, bevor Schnatterinchen wieder übernimmt, mit „brandneuen Wetternews, präsentiert von Wurst-Wollaschko, dem Fleischwarendesigner mit Tradition und der frischen Schlesischen stets im Angebot“.
Und weil natürlich immer noch Tiiieh-Shört-Wetter ist, was die Wetterenthüllung der Radioente gerade beweist, erlebt das Radiomännchen eine Sonderausschüttung Adrenalin, jubiliert:
„Steffi hat recht, Leute, holt die Sonnenbrillen raus, Ray-Bans diese Woche für nur 66,99 bei Brillie-Willie, dem Fachmarkt mit Durchblick, und dann scheffelt Kohle auf euren Grill, die guten Grillies aus Buche, immer vorrätig bei Hamsterrad, dem Bau- und Gartencenter mit der coolsten Musikbeschallung in ganz Unterkonzberg.“
„Ein Blick noch auf die Uhr“, Steffi klingt wie bei einer hochkarätigen Anmache, „die brandaktuelle Uhrzeit, präsentiert von Sportfuchs, dem veganen Fitness-Center direkt an der A2: es ist Neunuhrelf.“
„Und hier in der Leitung live der Benno aus Memkelhorst.“ Das Männchen. „Dieses Gespräch wird präsentiert vom Pommes-Paul, der Heimat der Curryfrikadelle, dreimal im Stadtgebiet. Benno, was sagt das Wetter bei euch?“

Auf die Frage, warum bei „Pepdrive-Hitradio“ auf 15 Minuten Musik durchschnittlich nur etwa 37 Sekunden Wortanteile gesendet würden, antworteten die Betreiber, dass 87 Prozent ihrer Hörerschaft Wortbeiträge im Radio für eher verzichtbar hielten.
Tatsache?
Woran liegt das bloß?

Andreas Bürgel