Humbatätärää

Gitarrenhimmel

Santana erfindet Gitarrenhits neu. Warum nur?

Natürlich ist man Musiker nicht zum Spaß.
Zumindest dann nicht mehr, wenn der Konzern die Papiere unterzeichnet bekommen hat -auch wenn heute ganz normale Tinte heute zum Gegenzeichnen ausreichen soll.
Wer das vergessen sollte, wird irgendwann daran erinnert, worum es nunmehr geht: die Company will den Verkauf.
Und sie will ihn jetzt.
Irgendjemand vom Konzern muss da bei Santana auf der Matte gestanden haben und so etwas in der Art genuschelt haben.
Eine andere Erklärung fällt mir persönlich zu „Santana – Guitar Heaven. The greatest guitar classics of all time“ nicht ein.

Die Scheibe ist leicht zu übersehen. Zu sehr entspricht das Styling des Dings den üblichen Kaufhausramschern, die man sich besser nicht ins Haus holen möchte. Medienhygiene.
Beim zweiten Hinsehen entdeckst du dann aber vielleicht, wer da so alles seinen Senf in die Produktion gegeben hat:
Johnny Lang, Joe Cocker, Yo Yo Ma. Da ziehst du die Investition irgendwie doch in Betracht.
Liest du dann noch, dass Santana auf dieser Platte die „Rock guitar greatest hits“ reinvented hat, überwiegt möglicherweise eine Art perverses Interesse.
Und du kaufst.
Um spätestens nach dem zweiten Durchhören zu überlegen, wem zum Teufel du das Ding wohl weiter verschenken kannst, ohne danach jahrelang in Angst vor ähnlichen Rückgeschenken leben zu müssen.

Was falsch gelaufen ist?
Ganz allgemein: einfach zu viel Reinvention.
Kaum ein Achtelplätzchen in den Songs, an dem nicht irgend eine Gitarre herumfrickelt. Sogar das Riff von „Smoke on the water“ bleibt nicht verschont und wird mit einem Co-Riff beschenkt – was so klingt, wie wenn ein bedröhnter DJ zwei seiner Startknöpfchen auf einmal gedrückt und sich dann zwecks getränkesektorrelevanter Nachschubsorganisation in Richtung Theke aufgemacht hätte.
Echte „Neuerfindungen“ finden sich schwerlich; wenn man den Strophen-Rap von NAS bei AC/DCs „Back in black“, irgendwelche Latin-Percussions im Hintergrund einiger Songs oder programmierte Rhythmusspuren nicht als solche werten mag.
Da kommt selbst vom großartigen Dennis Chambers keine Rettung.

Es mag schon stimmen, was Pavarotti sagte:
„You don’t need any brains to listen to music“ (und man mag sich fragen, warum gerade er seinem Publikum diesen Spruch ins Poesiealbum schrieb).
Dennoch meldet sich dein Hirn irgendwann, um nach dem Grund dieser Veröffentlichung zu fragen. Und wenn dann gerade St. Alphonso auf dem Weg zu seinem Pfannkuchenfrühstück in deinen Hirnwindungen herumschlendert, wird er vielleicht flüstern:
„The music business is a cruel and shallow money trench, a long plastic hallway where thieves and pimps run free, and good men die like dogs.
There’s also a negative side.“

Andreas Bürgel