Guckloch

Alle gleich
Warum Religionen alle gleich sind – am Beispiel der christlichen Gewerkschaften

Gleich sind die alle, die Religionen. Zumindest nach noch vorherrschender Meinung. Nur dass sich hierzulande „christlich“ eindeutig besser anhört – weil hier eben eh schon alles irgendwie christlich ist. Christlicher Verein junger Männer. Christliche Aktienhändler. Christliche Gewerkschaften. Christlich klingt einfach gepflegt. Wie Bier und Korn. Besser sogar – zumindest außerhalb Cloppenburgs. Oder Meppens. Christlich macht etwas her. Und wenn was etwas hermacht, will man dazu gehören.
Das alles erzählte mir ein alter Kumpel.
Ich sage dir, ich war da ja skeptisch: von wegen alle Religionen gleich und nur andere Etiketten in Riad oder Kathmandu.
Aber weil dieser Kumpel ein ganz alter war, ein Stammkumpel, habe ich mich der Sache mal angenommen. Punktuell; und weil die vom Namen her ganz ausgesucht edel klingen, bekamen die Christlichen Gewerkschaften den Beispielszuschlag.
Ich lese also mal durch die Gegend, um zu sichten, was die so sagen: „vor dem Verteilen kommt immer noch das Erwirtschaften“, zum Beispiel, was schon annähernd unfehlbar klingt, geradezu römisch. Wie auch „Produktivität verträgt keine Unruhe“ – was aber eh jeder weiß, der mal mit einem Hobbyrapper in der Wohnung über einem versucht hat, auch nur einen Einkaufszettel zu schreiben.
Und dann stehen die noch voll auf die Sache mit dem Meister, der nicht vom Himmel gefallen ist – was schon wieder stimmt. Genau so, wie dass eh selten etwas vom Himmel fällt, das man auch aufheben mag; aber das ist eine andere Geschichte.
Wer wie die christlichen Gewerkschaftler so offenkundig wahr spricht, muss einfach ein guter Christ sein, magst du sagen. Aber schauen wir mal, was nach all diesen Weisheiten das praktische REsultat ist. Ja, müssen wir machen, sonst müssten wir ja auch dem Bohlen Tribut als Tollhecht zollen, und nicht nur als Brother Louie-louie-louie.
Was also kommt bei der Christgewerkelei raus? Da musst du gleich mal auf die Lohnzettel der Christvergewerkschafteten lugen. Und: potzblitz, da steht doch tatsächlich meist weniger drauf, als in vergleichbaren Betriegen, in denen heidnisch gewerkschaftet wird.
Wenig Aussicht für die christlich Vergewerkschafteten auf Automarken jenseits von Dacia, es sei denn, du streichst die nötige neue Küche. Oder einen nicht neckermännischen Urlaub. Der eh knapper ausfällt, der Urlaub, frage nicht.
Mit Auszahlungen unter dem nichtchristlichen Tarifniveau hast du schlechte Karten, du bleibst beim Alten.
Beim alten Auto, bei alten Zähnen. Und natürich: bei deinem Sozialstand. In deiner Kaste.
Und an dieser Stelle wird dir und mir natürlich auch potzblitzklar, wie Recht mein Kumpel mal wieder hatte: die „Christliche Gewerkschaft“ könnte ohne weiteres auch – sagen wir – die „Hinduistische Gewerkschaft“ sein.
Prinzipiell ohne Widerspruch machbar; jeder in seine Kaste – ist ja quasi DAS hinduistische Urgrundprinzip.
Nur: das klingt im europäischen Abendland nicht ganz so gut: Hinduistische Gewerkschaft. Und wenn etwas nicht gut klingt, hören die Leute immer ein bissele genauer hin, ja frage nicht.
Das will man aber nicht immer.
Deshalb fiel die Namenswahl dann doch nicht auf „Hinduistische Gewerkschaft“, auch wenn der Name eine Spur treffender gewesen wäre.
Aber was soll’s. Sind ja eh alle gleich, die Religionen.

Andreas Bürgel